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Konflikte und Ausschluss

Konflikte

Überall wo Menschen sich organisieren und zusammenarbeiten wird es mitunter zu Konflikten kommen. Daher ist es wichtig sich mit dem Umgang mit Konflikten zu befassen. Je nachdem wie die Gemeinschaft mit Konflikten umgeht, wird es entweder gelingen sich mit und durch sie fortzuentwickeln oder sie werden die Gemeinschaft sprengen. Wird keine gemeinsame Perspektive mehr gefunden, kann es nötig sein, dass ein Kollektiv die Vernetzung verlässt.

Dem Ausschlussprozess geht notwendigerweise ein Konflikt voraus. Dabei sind drei Typen von Konflikten denkbar:

  1. Strukturkonflikte: Ein Kollektiv erfüllt die Aufnahmekriterien nicht mehr. (z.B. die Anteile an Rechtsformen sind nicht mehr gleich unter den Mitgliedern verteilt oder Angestellte sind nicht mehr Mitglied des Kollektivs)
  2. Konflikte im Umgang: Ein Kollektiv verhält sich unsolidarisch gegenüber anderen Kollektiven. (z.B. Vereinbarungen in einem Projekt werden nicht eingehalten, Budget wird unterschlagen, schlechte Nachrede, ...)
  3. Konflikte zwischen Einzelpersonen: Eine Einzelpersón verhält sich respektlos oder diskriminierend gegenüber Personen aus anderen Kollektiven.

Nicht jeder Konflikt muss unbedingt über die hier beschriebenen Lösungsansätze gelöst werden. Im Gegenteil gelingt es der Vernetzung dank einer wohlwollenden und wertschätzenden Kultur in vielen Fällen Konflikte und Missverständnisse direkt anzusprechen und zwischen den Beteiligten oder innerhalb der jeweiligen Gruppen oder Projekte zu lösen.

Im ersten Fall trägt ein beliebiges Kollektiv (unter Umständen sogar das betroffene Kollektiv selbst) die eventuell problematischen Änderungen an der Struktur/ Ausrichtung gegenüber der Vernetzung vor. Wie im Aufnahmeprozess kann so eine gemeinsame Einschätzung und ein Weg zurück zu den geteilten Aufnahmekriterien gefunden werden. Wird keine Lösung gefunden, kann jedes Kollektiv den Ausschlussprozess starten.

Im zweiten Fall formuliert ein betroffenes Kollektiv die Probleme, die es im Verhalten des anderen Kollektivs sieht, zunächst schriftlich. Ist eine Einzelperson z.B. in einer Projektgruppe davon betroffen, geschieht dies, indem sie sich zunächst an das eigene Kollektiv wendet. Mit der schriftlichen Zusammenfassung sucht das betroffene Kollektiv entweder direkt Klärung mit dem sich evtl. problematisch verhaltenden Kollektiv oder bittet ein weiteres Kollektiv um Vermittlung. Auch das sich evtl. problematisch verhaltene Kollektiv kann ein anderes Kollektiv um Vermittlung bitten. Ziel ist es, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung des Problems zu finden und die Zusammenarbeit in Zukunft zu verbessern. Falls keine Lösung gefunden wird, kann die Problematik gegenüber der Vernetzung veröffentlicht und ein Ausschlussprozess gestartet werden. Eine Lösung durch die beteiligten Kollektive kann auch eine Stellungnahme und Aufarbeitung gegenüber der gesamten Vernetzung beinhalten. Ansonsten bleibt das Thema vertraulich zwischen den Beteiligten.

Im dritten Fall sucht sich die betroffene(n) Einzelperson(en) Unterstützungspersonen ihres Vertrauens, idealerweise aus der Vernetzung. Die Unterstützungsgruppe nimmt Kontakt mit dem Kollektiv der sich evtl. problematisch verhaltenden Einzelperson auf. Jedes Kollektiv der Vernetzung sollte Verantwortung für das Verhalten seiner Mitglieder übernehmen. Eine erarbeitete Lösung durch die beiden Gruppen kann auch eine Stellungnahme und Aufarbeitung gegenüber der gesamten Vernetzung beinhalten. Ansonsten bleibt das Thema vertraulich zwischen den Beteiligten. Falls keine Lösung zwischen den Gruppen gefunden wird, kann im schlimmsten Fall der Ausschlussprozess gegen das Kollektiv der sich evtl. problematisch verhaltenden Einzelperson gestartet werden oder gegenüber der Vernetzung erbeten werden, dass die Person nicht mehr in der Vernetzung oder nicht mehr zusammen mit betroffenen Personen arbeitet. Ein solcher Ausschluss von Einzelpersonen muss aber stets temporär sein und ggf. verlängert werden. Das Kollektiv der evtl. problematisch verhaltenen Einzelperson ist dabei nicht abstimmungsberechtigt.

Grundsätzlich besitzt die Vernetzung keine Strukturen zur Konfliktbearbeitung. Konflikte müssen zwischen den Beteiligten mit ggf. zusätzlicher freiwilliger Unterstützung gelöst werden. In der Vernetzung wird nur über eventuelle Ausschlüsse diskutiert, wenn eine Konfliktlösung zu keinem Ergebnis geführt hat.

Ausschlussprozess

Erst wenn die Konfliktbearbeitung zu keinem Ergebnis geführt hat, können die am Konflikt beteiligten Kollektive aufgrund der schriftlich ausgetauschten Positionen einen Ausschlussantrag gegen die andere Konfliktpartei stellen. Der Antrag wird mit der verschriftlichten Kritik begründet und der Konflikt entsprechend intern öffentlich gemacht. Darüber hinausgehende Vorwürfe insbesondere in informellen Gesprächen sollen unterlassen werden. Falls die Vorwürfe der übrigen Vernetzung besonders drastisch erscheinen, kann sie mit einer 3/4 Mehrheit ein Ruhen der Mitgliedschaft des Ausschlusskandidaten sofort beschließen.

Der Ausschlusskandidat kann mit einer Frist von zwei Wochen eine eigene Darstellung des Konflikts erstellen. Darauf hat das beantragende Kollektiv wieder einen Zeitraum von zwei Wochen auf die Darstellung zu reagieren allerdings ohne die Möglichkeit neue Vorwürfe zu erheben.

Danach wird wiederum mit einer Frist von zwei Wochen über den Ausschlussantrag entschieden. Der Ausschluss muss mit einer Mehrheit von 3/4 der abstimmenden Kollektive erfolgen. Sowohl antragstellendes Kollektiv als auch Ausschlusskandidat sind von der Abstimmung ausgeschlossen.

Enthaltungen: Wir nehmen an, dass im Falle von existierenden Enthaltungen die Darstellung des Konflikts für die abstimmenden Kollektive nicht in ausreichendem Maße durchgeführt wurde. Eine Enthaltung bei der Entscheidung, ob mensch die Zusammenarbeit fortsetzen will oder nicht sollte zudem nicht in Form eines "Tolerierens" geschehen, da das Grundlage für weitere, vermeidbare Konflikte sein kann. Aus diesen Gründen verzichten wir beim Ausschlussprozess auf die Option von Enthaltungen.

Das bedeutet, dass ein Ausbleiben der Rückmeldung als Ablehnung des Ausschlussantrags gewertet wird.

Sonderfall: Inaktivität

Es gibt einen Fall, in dem einem Ausschlussprozess kein Konflikt vorangeht, und zwar wenn Kollektive längere Zeit inaktiv sind. Inaktiv heißt dabei, dass innerhalb eines halben Jahres keine Interaktion stattgefunden hat und bei Nachfrage keine Antwort oder eine Antwort ohne plausible Begründung dafür gegeben wird (im dem Sinne, dass bei Interesse an der Fortsetzung der Teilnahme an der Vernetzung ein Interesse besteht längere Abwesenheit zu erklären). Für den Fall von Inaktivität, ohne dass die Betroffenen Maßnahmen ergreifen um diesen Status wieder abzulegen, kann o.g. Ausschlussprozess eingeleitet werden. Der Ausschlussantrag ist dem Kollektiv direkt mitzuteilen.